Im Juli: Biedermeier Nähtisch
Einen Nähtisch aus dem Biedermeier hatten wir letztes Jahr schon einmal als Antiquität des Monats. Über die Vorzüge eines Nähtisches für die Hausfrau zu Biedermeierzeiten haben wir schon berichtet. Diesmal plaudern wir noch ein wenig mehr aus dem Nähkästchen…
1801 wurde in Westfalen Henriette Davidis geboren. Sagt euch nichts? Dabei ist sie die Mutter aller Ratgeber für den Haushalt. Sie arbeitete als Hauswirtschafterin, Kindermädchen, Erzieherin und Lehrerin. 1845 veröffentlichte sie ihr erstes Buch:
„Praktisches Kochbuch. Zuverlässige und selbstgeprüfte Recepte der gewöhnlichen und feineren Küche“. Dieses war bis Anfang des 20. Jahrhunderts DAS Kochbuch schlechthin und erschien in mehreren Auflagen.
Es folgten mehrere Werke wie der „Der Gemüsegarten“, „Puppenköchin Anna“ und „Die Jungfrau“. Alle Bücher dienten dazu, junge Frauen auf ihren Beruf (jawohl, so sah es Henriette tatsächlich) als Hausfrau vorzubereiten.
1861 erschien „Die Hausfrau. Praktische Anleitung zur selbständigen und sparsamen Führung des Haushalts, eine Mitgabe für junge Frauen zur Förderung des häuslichen Wohlstandes und Familienglücks“. In diesem Werk spielt auch der Nähtisch eine Rolle.
Einige Zeilen daraus möchten wir an dieser Stelle gerne zitieren:
„Eine kleine Beschädigung wird bald zu einer großen, wo hingegen, wenn zum Ausbessern sogleich geschickt Hand an’s Werk gelegt wird, ein solches Stück noch lange Zeit Gebrauch gewähren kann. Um dazu auch kurze Zeiträume benutzen zu können und nicht durch Zusammensuchen und Heranholen von allerlei dazu dienenden Kleinigkeiten Zeit zu verlieren, sollte womöglich von jeder Hausfrau oder vom Manne für einen geräumigen, wohleingerichteten Nähtisch gesorgt werden, welcher sicherlich ein höchst nützliches und erfreuliches Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk sein würde.“
„Auch werde in solch‘ ausgestattetem Nähtisch für ein kleines Fach mit Knöpfen verschiedener Art nebst ganz starkem Zwirn und passenden Nähnadeln mit weitem Oehr gesorgt, um dem Manne in kleinen Verlegenheiten, etwa bei einem abgerissenen Knopf u.s.w., augenblicklich aushelfen zu können.“
„Gewiß wird der Mann sein junges Hausmütterlein dann erst richtig schätzen lernen, wenn es eben so geschickt, als gern dazu bereit ist, ihm zur Zeit hülfreiche Hand zu bieten.“
„Beim Nähtisch ist, um Ordnung darin zu halten, das Abschließen und Bewahren des Schlüssels an einem Bande unumgänglich nothwendig. Denn nichts ist für eine unordentliche weibliche Hand bequemer und nichts wird leichter zum Gemeingut, als ein gut ausgestatteter offener Nähtisch, wobei von in Ordnung halten gar nicht die Rede sein kann.“
Fassen wir kurz zusammen: Ein Nähtisch spart Zeit, hilft Ordnung halten, verhilft zum nachhaltigen Leben, rettet den Mann in kleinen Verlegenheiten, führt zur Anerkennung der Frau durch den Mann und ist zudem ein Geschenk, welches den häuslichen Wohlstand und das Familienglück fördert.